Titel | INDat Report 01_2024 | Januar 2024

Gesamtjahresstatistik 2023 und Redaktion aktuell

» SIGNA-Insolvenzen: Im Gespräch mit Dr. Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur der Republik Österreich
So sollte man mit seinen Gläubigern nicht umgehen

» Ein Fall von Verfahrensverschleppung am AG Münster?
Rechtspfleger wegen Amtsmissbrauchs verklagt

» Befragung der 24 Restrukturierungsgerichte: Bilanz für 2023
Erhebung der RES- und SAN-Sachen im dritten Geltungsjahr des StaRUG

» Unternehmensinsolvenzverfahren vom 01.01.2023 bis 31.12.2023
Bestellungen an allen Insolvenzgerichten, Rankings der Verwalter und Kanzleien nach Bestellungen und nach Umsätzen

So sollte man mit seinen Gläubigern nicht umgehen

Wien. Die großen insolventen Gesellschaften des Signa-Konglomerats, die Signa Holding GmbH, die Signa Development Selection AG und die Signa Prime Selection AG, befinden sich seit Ende November bzw. Dezember 2023 in Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. Auf den jeweiligen ersten Gläubigerversammlungen wurde beschlossen, die Eigenverwaltung fortzuführen. Auf den Sanierungsplantagsatzungen am 12.02.2024 bzw. am 18.03.2024 wird über die Annahme der von den Schuldnerinnen angebotenen Sanierungspläne entschieden. In diesen drei großen Verfahren ist die Finanzprokuratur als Anwalt und Berater der Republik Österreich im Gläubigerausschuss vertreten. Peter Reuter fragte deren Präsidenten, Dr. Wolfgang Peschorn, wie er die Vorbereitungen der Schuldnerinnen auf die Eigenverwaltung und die bislang den Gläubigern gebotene Transparenz beurteilt, welche Alternativszenarien es zum Sanierungsplan und zu der Zerschlagung gäbe und was die Aufsichtsorgane der Unternehmen in Sachen Aufklärung und Zuweisung von Verantwortlichkeiten bisher beigetragen haben.

INDat Report: Die Finanzprokurator vertritt die Republik Österreich als Gläubigerin in den Insolvenzverfahren bestimmter Signa-Gesellschaften, vor allem in den bislang drei großen Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung der Signa Holding GmbH mit Passiva laut Schuldnerangaben i. H. v. 5,2 Mrd. Euro (direkt an 36 in Österreich befindlichen Kapitalgesellschaften beteiligt), der Signa Development Selection AG mit Passiva i. H. v. 1,16  Mrd.  Euro (unmittelbar und mittelbar an 290 Gesellschaften beteiligt) und der Signa Prime Selection AG mit Passiva i. H. v. 4,3 Mrd. Euro (an 369 Gesellschaften unmittelbar und mittelbar beteiligt). In allen drei Verfahren ist die Finanzprokuratur neben dem KSV1870 und dem Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) Mitglied des Gläubigerausschusses. Der Gläubigerverband Österreichischer Verband Creditreform ist weiteres Mitglied im Gläubigerausschuss im Sanierungsverfahren der Development. Die Forderungsanmeldungen für die Holding hatten bis zum 15.01.2024 zu erfolgen. Wie hoch sind die Forderungen der Republik Österreich für die Holding beziffert, wobei es sich dabei nur um eine vorläufige und punktuelle Betrachtung handeln kann?

Dr. Peschorn: In den angesprochenen Insolvenzen bestehen gegenüber der Republik Österreich in erster Linie Abgabenverbindlichkeiten, deren Höhe im einstelligen bzw. knapp zweistelligen Millionenbereich liegen.

INDat Report: Für die Beurteilung der Ernsthaftigkeit und der Erfüllbarkeit eines den Gläubigern angebotenen Sanierungsplans spielt es sicherlich eine Rolle, wie gut die Schuldnerin die Eigenverwaltung vorbereitet hat. Sie haben in Interviews anklingen lassen, dass diesen Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung anscheinend weniger gute Vorbereitungen der Schuldnerinnen vorangegangen seien. An welchen zentralen Aspekten machen Sie das fest?

Dr. Peschorn: Für die Gläubiger besteht tatsächlich der Eindruck, dass die Insolvenzverfahren nicht in jenem Ausmaß vorbereitet wurden, in dem dies im Hinblick auf die Größe und die mit einem Insolvenzverfahren verbundenen Rechtsfolgen erforderlich gewesen wäre. Da die Holding im Wesentlichen alleine über Beteiligungen verfügt, hängt die Erfüllbarkeit des von der Holding angebotenen Sanierungsplans denklogisch davon ab, dass diese über ihre direkten und indirekten Beteiligungen an der Prime und der Development ausreichende finanzielle Mittel erhält. Nun ist aber über diese einen Monat nach der Holding selbst die Insolvenz eröffnet worden. (…)

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